Montag, 9. Februar, um 19 Uhr: „Die Verteidigung der Kindheit“ – Martin Walser im Gespräch mit dem ZEIT MAGAZIN In seinem Roman „Die Verteidigung der Kindheit“ von 1991 erzählt Martin Walser das Schicksal des gebürtigen Dresdners Manfred Ranft – im Buch heißt er Alfred Dorn. Die Dresdner Bombennacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 prägte ihn als Kind. Sein Zuhause war mit allem verbrannt, was seine Kindheit dokumentieren könnte. Auch seine Großeltern verbrannten in dieser Nacht. Dieser Verlust bestimmte als traumatische Erfahrung seine ganze Existenz und Lebensplanung. Anlässlich der Sonderausstellung „Schlachthof 5 – Dresdens Zerstörung in literarischen Zeugnissen“ und zugleich in dem Jahr, in dem zum 70. Mal der Bombenangriffe auf Dresden gedacht wird, kommt Martin Walser nach Dresden. Er wird aus seinem Roman lesen, den Hellmuth Karasek „nach der ‚Deutschstunde‘ und der ‚Blechtrommel‘ als den wahrscheinlich wichtigsten Roman der Nachkriegszeit“ bezeichnete, und anschließend mit dem Chefredakteur des ZEITmagazins, Christoph Amend, diskutieren.
Dresden/ Militärhistorisches Museum der Bundeswehr (photos c by hherz2015)
Sonderausstellung „Schlachthof 5 – Dresdens Zerstörung in literarischen Zeugnissen“
Ab 6. Februar bis 12. Mai 2015
2015 jährt sich zum 70. Mal das Ende des Zweiten Weltkrieges – so wie die Zerstörung Dresdens durch alliierte Bomber zwischen dem 13. und 15. Februar 1945. Aus diesem Anlass dokumentiert die Ausstellung „Schlachthof 5“ die Vielfalt der Perspektiven auf dieses Ereignis: mit – erstmals öffentlich gezeigten – Originalhandschriften und persönlichen Gegenständen von Kurt Vonnegut, Ida Kästner, Durs Grünbein u.a.
Durch die Bombardierung der Stadt gab es mehr als 25.000 Opfer; gleichzeitig rettete der Angriff das Leben hunderter Menschen, darunter jüdischer Herkunft, politische Gefangene und Zwangsarbeiter. Die Ausstellung thematisiert auch Dresdens Zerstörung in den Propagandaschlachten der Kriegs- und Nachkriegszeit, in Mythen und Legenden sowie den Erinnerungen der damaligen Kindergeneration, deren Trauma lange unter der Last von Kriegsschuld und Scham über die deutschen Verbrechen verborgen war.
Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft des Schriftstellers und Präsidenten des P.E.N. – Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland Günter Kunert.
Das Militärhistorische Museum der Bundeswehr (MHM) widmet sich nach der Sonderausstellung „Schuhe von Toten – Dresden und die Shoa“ in diesem Jahr der Bombardierung selbst und ihrem Widerhall in literarischen Zeugnissen aller Genres. Dabei ist Dresden nur eine Stadt von Tausenden, die während des Zweiten Weltkrieges zerstört wurden, der am 1. September 1939 mit dem deutschen Überfall auf Polen begann und mit der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 in Europa endete.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht Kurt Vonneguts Roman „Schlachthof 5“. Als Kriegsgefangener erlebte und überlebte Vonnegut die Bombennacht in einem Nebengebäude des Neuen Schlachthofs. Seine literarische Aufarbeitung prägte sehr nachhaltig das Bild Dresdens in der englischsprachigen Welt.
Das MHM hat bewegende Zeugnisse von der Zerstörung Dresdens zusammengetragen. Denn nur durch die Wahrnehmung der Vielzahl der Stimmen, kann man sich der Totalität des Krieges annähern. Die zu Wort kommenden Autoren schildern unterschiedliche Wirklichkeiten. Erst durch den Zusammenschluss der einzelnen Werke, ergibt sich ein umfassendes Bild der Bombardierung Dresdens, welches der historischen Wahrheit am nächsten ist.
Es werden Werke und persönliche Gegenstände u.a. von Erich Kästner, Walter Kempowski, Martin Walser, Gerhard Richter, Gerhart Hauptmann, Durs Grünbein, Roman Halter, Marcel Beyer und Rudolf Mauersberger gezeigt. Dabei bietet die Ausstellung mit jedem Autor und Künstler einen anderen Zugang zum Thema und andere Strategien der Verarbeitung.
„Man kann alles, selbst das Ungeheuerlichste, beschreiben und benennen, ohne mehr als eine schwache Ahnung dessen zu vermitteln, wie das Beschriebene eigentlich gewesen ist. Auch die Bilder des Verderbens sind im Grunde nur Andeutungen, Schattenspiele, bei denen man als Akteur mitgewirkt haben muss, um zu begreifen, was da vor sich gegangen ist. Selbst die einstmals unmittelbar Beteiligten (wie ich etwa) haben nur Worte, hilflose Worte, um den Aufenthalt in einem Inferno zu schildern“, schreibt der Vorstandsvorsitzende des PEN-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland und Schirmherr der Ausstellung Günter Kunert.